Initiative i5892: Wahlprogramm Wienwahl Kapitel 1: Demokratie
 Ja: 8 (80%) · Enthaltung: 4 · Nein: 2 (20%) · Angenommen
Letzter Entwurf vom 10.05.2015 um 17:25 Uhr · Quelltext

Mehr Demokratie wagen! Die Möglichkeiten der Bürgerinnen, auf die Gestaltung der Politik Einfluss zu nehmen, sind zu gering. Das betrifft sowohl den Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Vertretungskörperschaften als auch Einschränkungen für Bürger- und Volksentscheide. Ein zusätzliches Hemmnis ergibt sich aus der Beschränkung der Bezirke, die kaum eigene Entscheidungsbefugnisse haben und unter der ständigen Bedrohung agieren, die Stadtverwaltung könnte die Zuständigkeit entziehen. Die Wiener PIRATEN setzen sich daher ein, mehr Demokratie zu wagen. Das bezieht sich vor allem auf die folgenden Themen:
 

I. Mehr Demokratie beim Wählen

Wir wollen das Wahlrecht so ändern, dass für den Fall des Scheiterns der eigentlich bevorzugten Partei am Einzug in einen Vertretungskörper "Ersatzstimmen" dafür sorgen, dass die Stimme nicht verfällt, sondern für die Verteilung der Mandate wirksam bleibt.
 

II. Abschaffung von Stimmhürden für den Gemeinderat und die Bezirksvertretungen

Jede Stimme mit gleichem Gewicht bei der Verteilung der Sitze berücksichtigt werden.Das Argument der Zersplitterung des politischen Spektrums ist besonders auf kommunaler Ebene nicht stichhaltig und rechtfertigt keine Hürde. Die Piraten fordern daher die Abschaffung der Stimmhürde ein.

Das derzeitige mehrheitsfördernde Wahlrecht lehnen wir ab. Der Summand 1 im Nenner ist abzuschaffen, um eine faire Mandatsverteilung sicherzustellen.
 

III. Demokratie bezieht alle ein

Alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Wien haben, haben das Recht, die städtische Politik mitzubestimmen. Die bestehenden Hürden, die dem durch das veraltete Staatsangehörigkeitsrecht entgegenstehen, wollen wir aufheben.

Wir wollen das bereits geltende Wahlrecht für EU Bürger auf Bezirksebene auf die Landesebene ausweiten. Alle Menschen, die in Wien ihren Lebensmittelpunkt haben, sollen das Wahlrecht haben, um ihnen zu ermöglichen, aktiv an der Gestaltung ihres Umfelds teilzuhaben. Dies betrifft sowohl Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen als auch das Recht an Volksbefragungen/Volksabstimmungen teilzunehmen.

Wir werden uns darüber hinaus im Bundesrat dafür einsetzen die Chancen zum Erwerb der österreichischen Staatsangehörigkeit für Migranten wesentlich zu erleichtern. Menschen, die in Wien geboren werden, sollen die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten bzw. die Option darauf haben. Das derzeitige Abstammungsprinzip (ius sanguinis) soll (so wie in den USA und seit 2000 in Deutschland (Optionsmodell)) durch das Geburtsortsprinzip (ius soli) ersetzt bzw. ergänzt werden. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Geburtsortsprinzip)
 

IV. Stärkung der Bezirke

Wien ist groß genug, um unterschiedliche Lösungen für politische Probleme in den einzelnen Bezirken auszuprobieren. Es ist nicht erforderlich, dass zwangsweise alle Entscheidungen durch die Magistratsabteilungen auf ein einheitliches Niveau gestutzt werden. Unterschiedliche Regelungen in den Bezirken können auch dazu beitragen, dass die Bezirke für Bürger ein größeres Maß an Attraktivität entwickeln.

Deshalb soll mehr Entscheidungskompetenzen den Bezirken übertragen werden. Zugleich sind die auf Bezirksebene zustande kommenden Entscheidungen zu stärken. Den Bezirksvertretungen kommt ein eigenes Entscheidungsrecht zu, sie dürfen nicht länger auf "Empfehlungen und Ersuchen" begrenzt sein.
 

V. Mehr Verbindlichkeit für direktdemokratische Initiativen – Liquid Democracy auf Bezirksebene

Wir wollen die vorhandenen Möglichkeiten der direkten demokratischen Beteiligung stärken, indem wir entsprechende Initiativen verbindlicher und leichter zugänglich gestalten. Die bereits vorhandenen Möglichkeiten des elektronischen Petitionswesens sollen ausgebaut werden. 

Wir wollen die Einrichtung und Weiterentwicklung von Bürgerhaushalten in allen Bezirken vorangetrieben. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, in Wien neue Formen der Bürgerbeteiligung mit Hilfe von elektronischen Interaktionsformen zu entwickeln und zu erproben. Wir streben die Schaffung einer Online-Demokratieplattform – ähnlich dem von der Piratenpartei genutzen Werkzeug Liquid – an. Damit ist ein System gemeint, in dem alle Bürger die Möglichkeit haben, gemeinsam politische Entscheidungen zu treffen. Die Ergebnisse sollen zunächst in Volksentscheiden münden, in denen sie als verbindlich bestätigt werden.

Damit stellen wir eine Alternative zu den bestehenden Volksbegehren und Volksbefragungen bereit. Die Hürden für die Teilnahme sind niedriger, ebenso der Aufwand und die finanzielle Belastung für die Träger von Initiativen. Zudem ermöglicht das elektronische Medium neue Wege der Beteiligung, z.B. in Bezug auf mittelbare Stimmabgabe oder das Einbringen von alternativen Vorschlägen, so dass Themen nicht von vornherein auf von der Stadtregierung begrenzte Ja-Nein-Entscheidung reduziert werden.

Bei allen Plänen zur Schaffung neuer elektronischer Beteiligungsmöglichkeiten ist uns bewusst, dass diese nicht zu Lasten der bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten umgesetzt werden dürfen. Ebenso lassen sie ihrer Natur nach keine geheimen Abstimmungen zu und können somit nicht eingesetzt werden, wo diese notwendig sind, insbesondere bei Personenwahlen.
 

VI. Volksbefragungen mit echten Fragen

Volksbefragungen sind kein probates Mittel der direkten Demokratie. Sie machen allerdings nur dann Sinn, wenn der Bevölkerung echte und relevante Fragen gestellt werden. Volksbefragung mit Pseudo-Fragen lehnen wir ab. Die von 7.-9. März 2013 durchgeführte Volksbefragung war eine Negativbeispiel und zeigte wie der Bevölkerung mit No-Na Fragen vermeintliche Mitbestimmung vorgegaukelt werden soll. Wir werden uns dafür einsetzen, dass bei Volksbefragungen echte relevante Fragen und keine Suggestivfragen über die ohnehin politischer Konsens besteht gestellt werden. (vgl. http://www.wien.gv.at/politik/wahlen/volksbefragung/2013/ )
 

VII. Bürgerhaushalte

Wir fordern die Einführung von Bürgerhaushalten (auch partizipativer Haushalt). Das Modell der Bürgerhaushalte wird in Lateinamerika seit 25 Jahren erfolgreich praktiziert und hat zu mehr partizipation, mehr Transparenz – und damit auch weniger Korruption – geführt. Auch in Europa haben zahlreiche Komunen positive Erfahrungen mit Bürgerhaushalten gemacht. Nach dem Vorbild des Berliner Bezirks Lichtenberg soll ein gewisser Teil der Bezirkshaushalte von den Bürgern selber verwaltet und zur Verwendung vorgesehen werden. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerhaushalt )
 

VIII. Schulfach Politische Bildung

Politische Teilhabe stärkt die Gesellschaft und ist Wichtig für eine freie Gesellschaft und ein gedeihliches Miteinander. Die Werte der Aufklärung, der Demokratie und Freiheit sollen gerade jungen Menschen vermittelt werden. Politische Bildung ist auch ein wirksames Instrument um das abdriften an den politischen Rand zu verhindern. Die Piraten Wien fordern daher die Einführung des Schulfachs Politische Bildung – gegebenenfalls als Freifach- oder Schulversuch.
 

IX. Live-Stream von Sitzungen des Gemeinderats

Die Piratenpartei wird sich dafür einsetzen, dass die Sitzungen des Gemeinderats, sowie der Ausschüsse und Komissionen live ins Internet gestreamt werden um den Bürgern die Möglichkeit zu geben politische Prozesse aktiver Mitverfolgen zu können.
 

X. Stärkung von Wien als Sitz internationaler Organisationen

Die Piratenpartei wird sich dafür einsetzen, dass Wien, als Hauptstadt einer neutralen Republik, als Sitzstadt für internationale Organisationen weiterhin attraktiv bleibt und diesbezügliche Neuansiedlungen aktiv unterstützen.
 

XI. Freie Medien und Medienverantwortung

Die Piratenpartei Wien begrüßt die Arbeit des OSCE-Büros für Medienfreiheit in Wien und wird dessen unabhängiges Engagement einsetzen unterstützen. Darüber hinaus werden sich die Piraten für die Gründung eines Institutes für Medienverantwortung an der Universität Wien, nach Vorbild des Institutes in Erlangen einsetzen.

Die Piraten werden sich dafür einsetzen, dass alle Tages- und Wochenzeitungen und Zeitschriften sowie Monats- und Quartalszeitschriften, in einem öffentlich zugänglichen "digitales Archiv" kostenfrei zugänglich sind. Die Zeitschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek kann hierzu ein Grundstock sein, der aber öffentlich zugänglich gemacht werden muss.