Initiative i5588: Tagessatzsystem im Verwaltungsstrafrecht
 Ja: 15 (58%) · Enthaltung: 2 · Nein: 11 (42%) · Nicht angenommen (Rang 1)
Diese Initiative
 
 
14(12+2)13(5+8)
 
 
kein Programmpunkt zu diesem Thema
Letzter Entwurf vom 19.12.2014 um 11:45 Uhr · Quelltext · Zeige alle Versionen (2)

Das Programm möge wie folgt ergänzt werden:

Verwaltung

Tagessatzsystem im Verwaltungsstrafrecht

Die Piratenpartei Österreichs fordert die Einführung des Tagessatzssystems auch im Verwaltungsstrafrecht. Verwaltungsstrafen sollen gegenüber allen Mitgliedern der Gesellschaft gleiche Präventionswirkung haben. Weder sollen Besserverdiener die Strafe wenig bis kaum spüren, noch sollen Geringverdiener unbillig hart getroffen werden. Verwaltungsstrafen sollen daher nicht mehr mit einer fixen Geldsumme festgesetzt werden, sondern nach der Formel

Geldstrafe = Anzahl der Tagessätze × Höhe des Tagessatzes

bemessen werden. (Die Höhe eines Tagessatzes ist der Geldbetrag, der an einem Tag abgeschöpft wird, um den Täter auf das Existenzminimum zu setzen.) Diese Forderung gilt nicht für abgekürzte Verfahren.
 

Begründung

Zuerst die 4 Funktionen einer Strafe: Veränderung des zu Bestrafenden zum Besseren (Spezialprävention) Abschreckung potentieller anderer (Generalprävention) Schutzes anderer (z. B. der sonstigen Bevölkerung) Wiederherstellung der Gerechtigkeit (Sühne) und von Vergeltung (Talionsprinzip). Das heißt ua: Eine Strafe hat NICHT den Zweck eines Schadensausgleiches - Schadenersatz gebührt unabhängig davon gem §§1293ff ABGB.

Geldsummenstrafen können diese Wirkungen nicht in geeignetem Maße verwirklichen. Während Gutverdiener möglicherweise nur geringfügig getroffen werden, kann die gleiche Strafe einen Geringverdiener unbillig hart treffen. Da das Unrecht jedoch immer gleich ist, sollte auch der Sanktionscharakter der Strafe gleich zur Wirkung kommen um gleichmäßigen Präventionseffekt zu erzielen. Beispiele: Im gerichtlichen Strafrecht: Tagessatzsystem zB: §168 StGB: Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird. Im Verwaltungsstrafrecht: Berücksichtigung von Schuld (Erschwerungs- bzw Milderungsgründe) und individuellen Lebensumständen des Einzelnen bis zu einer Höchststrafe zB: § 52 GSpG: Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 40 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

Im gerichtlichen Strafrecht sind die Strafen einkommensabhängig mit der sachlichen Begründung, dass der Sanktionscharakter der Strafe bei gleicher Schuld gleich hoch sein soll, damit sich alle - auch Gutverdiener - daran halten bzw Schlechtverdiener nicht unbillig hart getroffen werden. Während eine Strafe von zB 3.000 € Schlechtverdiener härter trifft als Gutverdiener, nimmt eine Strafe in Höhe von zB 60 Tagessätzen tatsächlich auf die individuellen Gegebenheiten des Einzelnen Rücksicht und ist dadurch eher der individuellen Schuld angepasst.

Man muss die Zwecke von Geldstrafen beachten:

1. Prävention: Alle sollen angehalten werden, sich rechtkonform zu verhalten.

2. Pönalisierung: Wer gegen Rechtsnormen verstößt, soll das Unrecht der Tat spüren.

Beides wird hinreichend nur durch einkommensabhängige Strafen erreicht, die schuldangemessene Bestrafung ermöglichen.

Auszunehmen sind die abgekürzten Verfahren (Strafverfügung, Anonymverfügung, Organstrafverfügung), denn ohne Ermittlungsverfahren ist eine Festsetzung eines Tagessatzes nicht möglich, bzw würde der Sinn dieser Verfahren konterkariert. Im ordentlichen Verfahren hielte sich die zusätzliche Belastung in Grenzen, weil in ihm ohnehin auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht zu nehmen ist (§ 19 Abs 2 VStG).

Schon wieder???

Bei der BGV aus Zeitgründen nicht möglich gewesen

2 Diskussionsbeiträge
    • MoD:

      Das einzige Argument ist hier: zu kompliziert, deshalb lohnt es sich nicht.

      Gleichzeitig verweist der Autor aber auf § 19/2 VStG der besagt, dass auf die Vermögensverhältnisse ohnehin Rücksicht zu nehmen ist.

      Der Gesetzgeber hält es also nicht für zu kompliziert, die Einkommensverhältnisse im ordentlichen verfahren zu erheben.

      Natürlich basiert die Berechnung grundsätzlich auf den Angaben des Betroffenen, aber damit die Sinnhaftigkeit anzuzweifeln, ist verquer. Immerhin ist die Abgabe eines falschen Vermögensbekenntnisses strafbar und im gerichtliche Strafrecht ist das ja auch kein schlagendes Argument.

      • Enterhaken:

        Um klar zu stellen, warum ich dagegen bin, i5588, dieses mmn. ansich gute Ansinnen, ins Piratenpartei-Programm zu schreiben: Was sollte es für einen Sinn haben, dieses Anliegen ins Piratenpartei-Programm zu schreiben? Da ist es derzeit völlig deplatziert. Deshalb wird uns sicherlich niemand wählen. Gewählt werden wir, weil wir für Datenschutz, für Fair-Use von Medien, gegen Netzsperren, gegen die Hetze auf Downloader, für Informationsfreiheit, für Aufklärung und Gegenmaßnahmen zum NSA-Skandal eintreten, kurz: weil wir eine Piratenpartei sind. Im besten Fall wird dieser Programmpunkt "Tagessatzsystem im Verwaltungsstrafrecht", sollte er nun wirklich ins Programm wandern, ignoriert. Im Parlament umgesetzt wird er dadurch sicher nicht. Schon gar nicht jetzt, mit unseren 0,8 Prozent.

        Im normalen Fall, und das gilt für einen riesigen Haufen in unserem Programm, hält er viele potentielle Wähler, die uns für unsere Kernthemen wählen würden, die in diesem Punkt aber eben aus den verschiedensten Gründen nicht der Meinung sind, davon ab, bei uns das Kreuzerl zu machen. Mit solchen Spezial-Detailpunkten grenzen wir systematisch diverse Meinungen aus, so gut und richtig mir persönlich die meisten Punkte auch erscheinen. Ich z. B. sehe über die Anti-Raucher-Hetze (ich überspitze jetzt absichtlich maßlos) im Parteiprogramm hinweg. Das können aber nicht viele Wähler und viele Raucher wenden sich sicherlich ob der "kleinkarierten" Ansicht ab, obwohl sie vielleicht die glühendsten Anhänger von Datenschutz und Transparenz wären, weil sie zufälligerweise den NSA-Skandal mit verfolgen und sich deshalb empören. Was macht also der "Nichtraucherschutz" in unserem Parteiprogramm? Er drückt auf unser Wahlergebnis. Sonst gar nichts. Er schadet sich damit sogar selbst, weil er dazu beiträgt, dass er durch uns sicher nicht umgesetzt wird. Und das gilt für wirklich viele Programmpunkte, deren Sinnhaftigkeit im Parlament gegeben wären, die im Parteiprogramm der Piratenpartei aber zu diesem Zeitpunkt keinerlei Existenzberechtigung haben.

        (Bin übrigens Nichtraucher, nur damit keine falschen Schlüsse gezogen werden. Ich habe aber eben trotzdem meine Gründe, warum ich gegen einen solchen Nichtraucherschutz bin).

        Lasst doch auch andere Meinungen zu! Ja, wir können jedes Thema durchs Liquid schleifen und damit ganz genau ermitteln, wo wir in der Piratenpartei mit den Ansichten derzeit stehen. Aber müssen wir das wirklich für immer ins Programm schreiben? Sind wir nicht auch die Partei für Diversität und Toleranz? Die schiere Masse an Meinungsfixierung im Parteiprogramm drückt exakt das Gegenteil aus!