Die Piratenpartei schlägt folgenden Text für das gemeinsame Wahlprogramm zur Europawahl 2014 vor:
Europa-Wahlprogramm: kurz und knackig
Grenzenlos Internet
Wir wollen, dass Du Filme, Serien und Videos im Internet nicht nur dann sehen kannst, wenn Du im "richtigen" Land wohnst. Niemand versteht, warum man aktuelle Serien erst Monate nach ihrem Start sehen kann oder warum Dienste wie "Netflix" in Europa nicht senden dürfen. Wir möchten, dass das Urheberrecht an die Realitäten des Internets angepasst wird. Wir brauchen mehr Freiheit im Umgang mit digitalen Werken und ein Recht auf Remix.
Mehr Daten – jetzt!
Das Internet gehört zu unserem Leben, wie Wasser und Strom. Wir wollen, dass jeder Mensch schnelles Internet zur Verfügung hat. Überall. Deswegen müssen Telekom & Co. verpflichtet werden, jedem Haushalt mindestens 100 MBit/s anzubieten. Wer Internet anbietet, muss alle Onlineangebote gleich behandeln. Und wer ein offenes WLAN betreiben will, soll dies tun können, ohne vor Abmahnungen Angst zu haben.
Meine Daten, unsere Daten – geschützt.
Die Europäische Union soll unsere Daten schützen und nicht auf Vorrat speichern! Ein gemeinsames Europa braucht ein gemeinsames Datenschutzgesetz. Firmen dürfen nicht weiter die europäischen Länder gegeneinander ausspielen können. Nutzungsdaten auf Facebook-Servern in Irland und E-Mails auf Servern in Rumänien brauchen einen gemeinsamen rechtlichen Schutzmantel. Mit einem starken digitalen Verbraucherschutz ermöglichen wir europäischen Firmen einen Wettbewerbsvorteil.
Wissen vermehrt sich, wenn man es teilt
Wissen, das der Staat finanziert, muss für alle kostenfrei und unbeschränkt zugänglich sein. Steuergelder sollen so effizient wie möglich zum Nutzen aller eingesetzt werden. Wissen nützt mehr, wenn es von mehr Menschen genutzt werden kann. Ein freier Zugang zu Wissen verbessert die Chancengleichheit an vielen Stellen der Gesellschaft: zwischen Kindern unterschiedlich reicher Eltern, zwischen formaler Qualifizierung und Quereinstieg, aber auch zwischen innovativen kleinen Unternehmen und großen Konzernen. Wissen kann dabei vieles sein: Bildungsinhalte vom Kindergarten bis zur Universität oder neueste Forschungsergebnisse, aber auch statistische Erhebungen oder Stadtpläne.
Ein echtes Parlament!
Wir wollen ein Parlament für die Europäische Union, das demokratische Entscheidungen ohne die Merkels und Camerons dieser Welt treffen kann. Dazu muss das Europaparlament endlich selbständig Gesetze einbringen dürfen und über Finanzen und Steuern entscheiden.
Wissen, wer mitentscheidet
Einflussnahmen auf Politik müssen transparent nachvollziehbar sein. Wir fordern ein verbindliches Lobbyregister und die Offenlegung der Nebeneinkünfte aller Abgeordneten, Kommissarinnen und Kommissare und höheren Beamten. Das Europäische Parlament soll dazu eine unabhängige Kontrollstelle beim Präsidium einrichten. Damit das Europaparlament in seinen Entscheidungen weniger auf Lobbygruppen angewiesen ist, soll es einen eigenen wissenschaftlichen Dienst bekommen.
Der Euro muss bleiben!
Europa braucht den Euro. Für gemeinsamen Frieden und Wohlstand brauchen wir einen Kontinent mit einer gemeinsamen Währung. Dazu wollen wir unsere nationalstaatlichen Interessen hintanstellen.
Europa verbindet
Wir wollen mehr Bewegungsfreiheit, nicht mehr Grenzkontrollen. Wir sind absolut dagegen, auf Grund von irgendwelchen Großereignissen die bereits abgeschafften Grenzen wieder einzuführen. Wenn die Sicherheitslage sich in einem Mitgliedstaat verschlechtert, muss mit Solidarität statt Abschottung reagiert werden. Um die Grenzen in den Köpfen abzubauen, wollen wir Austauschprogramme wie Erasmus fördern, die es ermöglichen, dass Menschen aus ganz Europa zusammenkommen.
Alle für Europa!
Gemeinsame Lösungen für Probleme, die alle betreffen. Nur da, wo lokale Regeln sinnvoller sind, soll lokal entschieden werden. Wir wollen eine gemeinsame Wirtschaftspolitik, eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Umweltpolitik, eine gemeinsame Sozialpolitik und alles, was sonst noch besser gemeinsam geschultert werden kann. Europa braucht dafür eine Verfassung. Alle sollen sich am Schreiben der Verfassung beteiligen und über sie abstimmen können.
Europa für Alle!
Die EU hat sich der Überwindung von Grenzen verschrieben. Das gilt auch nach außen. Alle Mitgliedstaaten der EU sollen Menschen auf der Flucht aufnehmen und einander dabei unterstützen. Wir brauchen eine Asylpolitik, die Menschen auf der Flucht nicht tötet, sondern schützt. Sie müssen sicher einreisen und ihr Recht auf Asyl geltend machen können. Wir wollen keine Mauern, Kriegswaffen oder Überwachung an unseren Grenzen!
Sozialunion schaffen!
In Europa soll niemand in Armut leben. Wir wollen die Solidarität mit allen Menschen stärken – egal aus welchem Land. Unsere Sozialsysteme dürfen nicht dem Kürzungswahn geopfert werden. Unser Ziel ist ein europaweites Bedingungsloses Grundeinkommen. Damit Menschen gar nicht erst Gefahr laufen, wirtschaftlich aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Die europäische Sozialcharta muss umgesetzt werden.
Europäische Energiewende
Alles, was brennt, muss weg. Kohle, Gas und Öl als Energieträger verstärken den Klimawandel und werden immer schneller erschöpft. Der Atomausstieg muss vorangetrieben werden, denn die Risiken der Kernspaltung sind bekannt. Je mehr Länder mitmachen, desto besser. Eine stabile Versorgung aus unerschöpflichen Energiequellen lässt sich am besten in einem europaweiten Verbund vieler dezentraler Erzeuger realisieren. Die EU muss dabei die internationale Netzplanung koordinieren und einen fairen Marktzugang auch für kleine Erzeuger garantieren.
Gemeinsam nach den Sternen greifen
Wenn wir gemeinsam arbeiten und träumen, können auch die entferntesten Ziele Wirklichkeit werden. Bestes Beispiel: die Europäische Raumfahrt. Im Gegensatz zu allen anderen Raumfahrtagenturen ist die ESA bereits ein erfolgreiches Mehrstaatenprojekt. Sie ist beispielhaft für den Erfolg der europäischen Idee und braucht neue Herausforderungen, um sie mit neuem Leben zu füllen. Deshalb setzen wir uns das Ziel, den ersten Weltraumaufzug in Betrieb zu nehmen, um sichere Infrastruktur für neue Weltraummissionen zu schaffen.
Begründung
Ich habe diesen Programmvorschlag der Piratenpartei Deutschland vorgelegt, diese hat sicher aber dafür entschieden, lieber ein langes Programm zu verabschieden. Ich denke aber, dass ein Kurzprogramm entscheidende Vorteile hat, weil man es ungefiltert auf die Menschen loslassen kann und diese es auch wirklich lesen. Inhaltlich unterscheidet sich dieses Programm nicht wesentlich von anderen Piratenprogrammen, es konzentriert sich aber auf das Wesentliche und ist in einer einfachen, allgemeinverständlichen Sprache gehalten – ohne Fachbegriffe wie "Immaterialgüterrechte" oder "Open Government". Würde mich freuen, wenn die Piratenpartei Österreichs damit etwas anfangen kann und es für ihre Zwecke weiterentwickelt.