Initiative i3537: Abschaffung der theologischen Fakultäten
 Ja: 43 (65%) · Enthaltung: 3 · Nein: 23 (35%) · Angenommen
Diese Initiative
 
 
41(26+15)27(18+9)
 
 
Beibehaltung des Programmpunktes so wie er ist
Letzter Entwurf vom 11.09.2013 um 13:24 Uhr · Quelltext · Zeige alle Versionen (6)

Der Programmunterpunkt "Bildung und Medien" (Programmpunkt "Laizismus", siehe https://wiki.piratenpartei.at/wiki/Parteiprogramm#Laizismus) soll geändert werden.

Alter Text:

"... Ebenso soll nur die Republik in den von ihr erhaltenen theologischen Fakultäten der öffentlichen Universitäten in personeller und administrativer Hinsicht bestimmend sein. ..."

Neuer Text:

"... Ebenso soll nur die Republik in den von ihr erhaltenen theologischen Fakultäten der öffentlichen Universitäten in personeller und administrativer Hinsicht bestimmend sein. Langfristig sollen die theologischen Fakultäten und Institute aufgelöst oder von der Universität getrennt durch die jeweiligen Religionsgemeinschaften finanziert und betrieben werden. Wissenschaftlich arbeitende Teilbereiche, wie zum Beispiel die Religionswissenschaft, sollen in die entsprechenden Fakultäten der Geisteswissenschaft oder Kulturwissenschaft eingegliedert werden. Konfessionelle Fakultäten sollen keine akademischen Grade vergeben dürfen. ..."

PS: modifiziert als Reaktion auf "Beibehaltung …" https://liquid.piratenpartei.at/initiative/show/3538.html um klarer herauszuarbeiten, was das eigentliche Ziel ist. Plus "keine akademischen Grade"

Begründung:

  • Theologie ist keine Wissenschaft (daher auch keine akademischen Titel für Theologen!)
  • Diese Initiative richtet sich nicht gegen die Religionswissenschaft! (diese soll konfessionsunabhängig weiterbestehen)
  • Die Religionsgemeinschaften sollen weiterhin das Recht haben finanziell eigenständig und frei von staatlichem Einfluss ihre Fakultäten zu betreiben (jedoch ohne Anerkennung akademischen Titel)
  • Konfessionelle Fakultäten sind ein Eingriff in die Freiheit der Wissenschaften (siehe Zitat aus dem Konkordat unten)
  • Die Ausbildung von Priestern, Pfarrern und Religionslehrern ist eine unzulässige Finanzierung der Kirchen durch den Staat (es sei denn für einen konfessionsunabhängigen Religionenunterricht für den die Lehrer in Religionswissenschaft ausgebildet werden)
  • Privilegien zu kürzen ist keine Einschränkung der Religionsfreiheit!

Reaktion auf die Kritik aus der Beibehaltungs-Initiative https://liquid.piratenpartei.at/initiative/show/3538.html:

Theologie ist weder ergebnisoffen noch eine Wissenschaft. Die Theologie darf nicht mit der Religionswissenschaft verwechselt werden:

  • "Theologie (griechisch θεολογία theología, von θεός theós ‚Gott‘ und -logie) bedeutet übertragen „die Lehre von Gott“ oder Göttern im Allgemeinen, und die Lehren vom Inhalt eines spezifischen religiösen Glaubens und seinen Glaubensdokumenten im Besonderen." https://de.wikipedia.org/wiki/Theologie
  • "Die Religionswissenschaft ist eine Geisteswissenschaft oder auch Kulturwissenschaft, die Religion empirisch, historisch und systematisch erforscht. Dabei befasst sie sich mit allen konkreten Religionen, religiösen Gemeinschaften sowie (religiösen) Weltanschauungen und Ideologien der Vergangenheit und Gegenwart." https://de.wikipedia.org/wiki/Religionswissenschaft

Die Religionswissenschaft ist an sich ergebnisoffen. Derzeit wird diese allerdings an den Theologischen Fakultäten der jeweiligen Konfession gelehrt (zB Institut für Religionswissenschaft an der Katholisch-Theologische Fakultät , Institut für Systematische Theologie und Religionswissenschaft an der Evangelisch-Theologischen Fakultät). Die konfessionelle Bindung der Theologischen Fakultäten verhindert womöglich eine freie Entfaltung der Religionswissenschaft an diesen Instituten. Eventuell kann Kritik an der jeweiligen Konfession nicht ohne folgen publiziert werden. Eine "Umstellung" der konfessionellen Fakultäten ist nicht zu erwarten.

Die Aufgabe einer Theologischen Fakultät ist laut Wikipedia außerdem "die akademische Ausbildung von Priestern, Pfarrern und Religionslehrern". Damit finanziert der Staat selektiv die Ausübung gewisser Religionen. Dies widerspricht den Prinzipien des Laizismus.
 

"So wie ein Lehrstuhl für Theologie zulässig ist, ist auch ein Lehrstuhl zulässig, der sich mit der Entwicklung und Verbreitung des Phänomens "Esoterik" oder anderer gesellschaftlicher Phänomene befasst, solange man das Phänomen von einer Metabene aus betrachtet."

  • Ein "Lehrstuhl für Astrologie" oder ein "Lehrstuhl für Esotherik" wäre ebensowenig sinnvoll, weil beides völlig unwissenschaftlich ist. Ein Lehrstuhl für "Esoterikwissenschaft", der sich wie die Religionswissenschaft mit der Verbreitung, kulturellen Auswirkung von Esoterik ist durchaus legitim und Teilbereich der Kultur- und Sozialanthropologie.

"Was, wenn die theologische Fakultät von einer Kirche finanziert wird? Dann ist eine finanzielle Trennung gegeben und eine Schließung wäre ein Eingriff in die Religionsfreiheit des Individuums."

  • Aus der Religionsfreiheit lässt sich nicht ableiten, dass jede Kirche ein Recht hat sich ihre Priester etc.auf Kosten des Staates "ausbilden" zu lassen. Die Kirchen sollen gerne ihre eigenen "Universitäten" betreiben! Jedoch ohne finanzielle Unterstützung und ohne rechtliche Legitimation (akademische Grade) vom Staat.
  • Privilegien zu kürzen ist keine Einschränkung der Religionsfreiheit!

Kosten:

Leider konnte ich auf die schnelle keine Aufstellung der Kosten die durch die theologischen Fakultäten verursacht werden finden. Noch schwieriger wäre es dort die sinnvollen Kosten zB für Religionswissenschaft herauszurechenen. Um dennoch die Schieflage aufzuzeigen, ein Interview aus 2010 in der "Zeitung" "Österreich" mit Kanzler-Berater Werner Muhm:

"ÖSTERREICH: Sollten auch Standorte zugesperrt werden? Muhm: In Dänemark gibt es acht Uni-Standorte. Nach einer Evaluierung hat man beschlossen, einen Standort zu schließen. Das könnten wir auch machen. Es gibt Studienrichtungen, wo es kaum Studenten oder Absolventen gibt.

ÖSTERREICH: Welche Studienrichtungen meinen Sie? Muhm: Es gibt zum Beispiel Massenstudien wie Wirtschaft mit Zigtausenden Studenten, für die 60 Professoren zuständig sind. Und dann gibt es vier katholische Fakultäten, auf denen man römisch-katholische Theologie studieren kann. Dort sind 2.900 Studenten und ebenfalls 60 Professoren. Wieso? Die müssen einen ganz besonders guten Draht zum lieben Gott haben. Anders ist das nicht zu erklären."

Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich § 3 Artikel V.

"§ 1. Die wissenschaftliche Heranbildung des Klerus erfolgt an den vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten oder an den von den zuständigen kirchlichen Stellen errichteten theologischen Lehranstalten.

Die für die Erziehung der Priesteramtskandidaten bestimmten Seminare, Konvikte und dergleichen kirchlichen Anstalten unterstehen in ihrer Einrichtung ausschließlich der kirchlichen Oberbehörde.

Die innere Einrichtung sowie der Lehrbetrieb der vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten wird grundsätzlich nach Maßgabe der Apostolischen Konstitution „Deus Scientiarum Dominus“ vom 14. Mai 1931 und der jeweiligen kirchlichen Vorschriften geregelt werden. Jene Durchführungsmaßnahmen, die sich hiebei im Hinblick auf den besonderen Charakter dieser Fakultäten beziehungsweise ihre Stellung im Universitätsverbande als notwendig erweisen, werden jeweils im Einvernehmen mit der zuständigen kirchlichen Behörde getroffen.

Es besteht Einverständnis darüber, daß die theologische Fakultät der Universität Innsbruck insbesondere bezüglich der Zusammensetzung ihres Lehrkörpers in ihrer Eigenart erhalten bleibt.

§ 2. Die von den päpstlichen Hochschulen in Rom verliehenen akademischen Grade in der heiligen Theologie sind in Österreich hinsichtlich aller ihrer kirchlichen und staatlichen Wirkungen anerkannt.

§ 3. Die Ernennung oder Zulassung der Professoren oder Dozenten an den vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten wird nur nach erfolgter Zustimmung der zuständigen kirchlichen Behörde erfolgen.

§ 4. Sollte einer der genannten Lehrer in der Folge seitens der zuständigen kirchlichen Behörde der obersten staatlichen Unterrichtsverwaltung als für die Lehrtätigkeit nicht mehr geeignet bezeichnet werden, wird er von der Ausübung der betreffenden Lehrtätigkeit enthoben.

Im Falle einer solchen Enthebung wird alsbald auf andere Weise für einen entsprechenden Ersatz im Sinne des im § 3 geregelten Vorganges gesorgt werden.

Katholische Religionslehrer an anderen Lehranstalten, welchen die missio canonica entzogen wird, müssen von der Erteilung des Religionsunterrichtes entfernt werden."