Antrag
Folgender Abschnitt soll an geeigneter Stelle in das Parteiprogramm der Piratenpartei eingefügt werden:
Bauen und Verkehr
Straßenverkehr
Zustimmung zu elektronischen Mautsystemen unter besonderen Auflagen
Die Piratenpartei Österreichs tritt für eine verursachergerechte Abrechnung der Nutzung von Autobahnen und Schnellstraßen ein und stimmt der Einführung von nutzungsabhängigen Mautsystemen für einspurige und mehrspurige Kraftfahrzeuge unter folgenden Auflagen zu:
Der erfasste Datensatz wird so klein wie möglich gehalten und wird unmittelbar nach Erfassung in einen Summendatensatz verdichtet. Der Summendatensatz wird an ein Abrechnungssystem weitergeleitet. Es ist zwingend jährlich ein externes Datenschutz-Audit durchzuführen, deren Ergebnis veröffentlicht wird. Der intendierte Zweck des Systems ist schriftlich festzulegen und ein Zugriffsprozess ist zu definieren, wie auf das System zuzugreifen ist. Das Audit orientiert sich an diesen Festlegungen. Bei Nichteinhaltung ist es das explizite Recht des Auditors, das System solange stillzulegen, bis das System wieder nach Vorgabe arbeitet. Alle Systemzugriffe werden über ein manipulationssicheres Protokollsystem protokolliert. Die Erfassung der entgeltlichen Nutzung ist von den Abrechnungssystemen strikt zu trennen.
Begründung
Dem originalen Antrag liegt eine populistische Intention zugrunde und der Antrag wird damit argumentiert, dass Technologie auch für nicht intendierte Zwecke verwendet werden kann. Das ist jedoch mit fast jeder modernen Technologie möglicht. Die Möglichkeit der Nutzung moderner Technologie für andere als die intendierten Zwecke sollte daher kein hinreichender Grund sein, sie pauschal abzulehnen. Im Vergleich dazu wird auch die Nutzung von Fahrzeugen, Feldstechern und Mikrophonen durch Behörden nicht pauschal abgelehnt, obwohl diese Produkte zur Überwachung von Bürgern herangezogen werden können.
Die Piratenpartei Österreichs setzt sich dafür ein, dass moderne Informations- und Kommunikationssysteme nur für die vorgesehenen Aufgaben genutzt werden. Um das sicherzustellen, sind bei Design und Betrieb solcher Anlagen bestimmte Parameter einzuhalten. Die Vermeidung der Produktion von Datenhalden verhindert Begehrlichkeiten, dass dieser Datenberg später von Dritten ausgewertet werden wollen. Die rasche Verdichtung von Daten verhindert, dass Bewegungs- und Nutzungsprofile angelegt werden können. Externe Audits, deren Ergebnisse zwingend veröffentlicht werden müssen, verhindern, dass Regeln und Abläufe schleichend geändert werden.
Fairness
Ein nutzungsabhängiges Entgelt ist fair für alle Bürger. Derzeit subventioniert ein Wenigfahrer die Vielfahrer. Das ist weder fair, noch bietet es Anreize zu Ressourcenschonung.
Geld
Die ASFINAG ist hochverschuldet und es sind jedes Jahr enorme Zinszahlungen auf diesen Schuldenberg zu leisten. Die ASFNAG hat bereits jetzt Mauteinnahmen von rund 1,6 Milliarden € (1) und deckt damit Betrieb und Erhaltung der Autobahnen vollständig ab. Was fehlt ist der Abtrag des Schuldenberges.
Pendler
Pendler sind Vielnutzer, die im derzeitigen Modell subventioniert werden. Sie stehen vor der Entscheidung, ob sie ihren PKW alleine, oder gemeinsam mit anderen oder den ÖPNV nutzen, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Ein nutzungsabhängiges Entgeld setzt die richtigen Anreize, die vorhandenen Ressourcen effizienter einzusetzen und beispielsweise das Auto mit mehreren Insassen zu belegen. In Zeiten der Mobiltelefonie und Apps steht auch hier moderne Technologie zur Verfügung, um dieses Allokationsproblem zu lösen.
Verbrauch
Der Verbrauch wird bereits durch die hohen Steuern und Abgaben auf den Treibstoff berücksichtigt. Es ist nicht primäre Intention, mit einem nutzerabhängigen Entgelt den Verbrauch bzw. den CO2 Ausstoß zu verringern. Es könnte sich jedoch eine Verringerung durch die Steierung der Nutzungsintensität der Fahrzeuge, speziell im Pendlerbereich, ergeben.
ÖPNV
Hier wird folgendermaßen Argumentiert: Wir fordern die Abschaffung des Ticket-Systems im öffentlichen Nahverkehr - warum sollten wir mehr Verwaltung und unnötige Kosten für Autofahrer fordern?
Ja eh klar. Wir machen jetzt einen auf "Gratisökonomie". Irgendwann, wenn man erwachsen wird, muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Rechnung dennoch jemand bezahlen muss. Es stellt sich die Frage wer das ist und ob das fair ist.
Sondermaut
Sondermautstrecken sind bereits eine Form der verursachergerechten Kostenzuweisung, da sie nur von denen bezahlt werden, die diese Strecken benutzen. Hier gibt es bereits einen Konsens darüber, dass nicht ganz Österreich mit einer "Gleinalmtunnelpickerlpflicht" alle Pendler subventioniert, die die A9 nutzen.
Kernthemen
Die Piratenpartei ist nicht die Instanz, die Datenschutz sicherstellt in dem sie die Verwendung von Datenverarbeitungsanlagen verhindert, sondern in dem sie die Durchsetzbarkeit von Gesetzen (Datenschutzgesetz) wirksam verbessert und verhindert, dass Gesetze durchs Parlament gepeitscht werden, die den Kriterien eines modernen Datenschutzes nicht gerecht werden.
Feedback zu Pro/Kontra
Kontra: Zur Mautfluchtkontrolle ist ein Summendatensatz unzureichend
Das ist richtig und genau darum geht es ja. Dass es sich bei dem Werkzeug um ein Abrechnungsystem und nicht um ein ungerichtetes polizeiliches Verfolgungssystem handelt. Das ist der Zweck der Sache. Man darf als Pirat eben nicht in die Falle laufen und so argumentieren wie die Polizei.
Das genannte Argument könnte aus einer Broschüre des BMI stammen, wo der Hunger nach immer mehr Vorratsdaten und Überwachung damit argumentiert wird, dass die bisherigen Erfassungssysteme "unzureichend" seien, um Gangster XY aufgrund von Verdacht ABCD zu fangen. Daher müssen Daten in System XY auf Vorrat gespeichert werden und man müsse auf Zuruf (wegen der Eile) auf Daten aus System XY zugreifen können, um Fahndungserfolge sicherstellen zu können. Dass diese Argumentationslogik in dieser plumpen Form auch bei den Piraten verwendet wird, verblüfft mich jetzt doch sehr.