Das Konzept der Kettendelegation ist ein Kernkonzept der Liquid Democracy. Alles andere ist digitale direkte Demokratie. Dass Stimmen schlussendlich (idealerweise) bei einem Experten landen, erfordert, dass die faktisch unlimitierte Weitergabe von Stimmen ermöglicht und gefördert wird. Dass „selbstbetitelte“ Experten die Stimme bekommen und damit Schindluder treiben ist eine Gefahr, die sich jedoch schnell selbst korrigiert, wenn das Stimmverhalten (und die hoffentlich erfolgte Begründung) nicht auf Zustimmung bei den stimmgebenden Delegierenden trifft.
Mit einer Delegation vertraust du deinem Delegierten vollkommen … bis er dieses Vertrauen verspielt, etwa indem die weiterführende Delegation komplett deinem eigenen Stimmverhalten widerspricht; dann kannst du jederzeit die Delegation zurücknehmen und selbst abstimmen oder auf jemand anderen delegieren.
Je weniger „tief“ du die Delegiertenkette machen willst, umso mehr Stimmen verfallen, wenn der Delegierte weiterdelegieren würde. Oder man müsste die delegierten Stimmen selber nutzen (obwohl man eigentlich delegieren wollen würde und dementsprechend sich wahrscheinlich gar nicht sicher ist, wie man abstimmen sollte) und nur die eigene Stimme weitergeben …
Im Gespräch im Dicken Engel wurde die Möglichkeit erwähnt, z. B. eine „Delegiertenliste“ erstellen zu können, indem man eine Reihung aller in Frage kommenden Delegierten erstellt, und der höchstgereihte, der selbst abstimmt, bekommt deine Stimme. Das klingt auf dem Papier nicht schlecht, aber um mit diesem System den Experten (die ja laut Theorie mit Expertenwissen selbst abstimmen) zu erreichen, müsste ein Großteil der Benutzer einen Großteil der anderen Benutzer reihen oder jeder für sich den Experten identifizieren! Soviel Beschäftigung mit dem System, den Initiativen und den dazu vorhandenen Experten ist aber soviel Arbeit, denke ich, dass man auch gleich selbst sich das Wissen aneignen könnte.
Kettendelegationen sollen dazu führen, dass über die Schwarmintelligenz, wenn sich die gegenseitig Delegierenden jeder ein wenig Gedanken darüber machen, wer sich NOCH besser mit dem Thema auskennen könnte, die Delegationen schlussendlich bei denen landen, die sich WIRKLICH damit auskennen – ohne dass jede(r) Einzelne diese Experten von vorneheraus kennen würden (die bilden sich dann in Themengebieten schon heraus).