Situation / Problem / Lösungsidee - Kritik
am 23.09.2013 um 16:39:23 Uhr

Skizzierte Situation: Es wird gewählt. Man bildet eine Regierung und der Rest bildet eine Oppostition. Die Regierung entscheidet alleinverantwortlich (im Extremfall ohne jegliche Einbindung der Oppositionsparteien)

Lösungsidee: Die Staatsfinanzen werden gemeinschaftlich durch alle NR-Parteien verwaltet. Dabei hat jede Partei das "Verwaltungsrecht" über den Teil des Budgets der ihren Mandaten im NR entspricht.


Du skizzierst eine vage Idee ohne weiterführende Quellen oder Begründungen und behauptest, dass danach wohl alles besser würde als vorher. Oder was wäre sonst die Intention der Idee? Welches Ziel wird verfolgt? Worum geht es? Welches Problem soll gelöst werden?
 

Mit Geld wird Politik gemacht, das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Das Ergebnis der Budgetverhandlungen zeigt, was politisch umgesetzt wird. Der Vorschlag bedeutet, dass es keine politische Koordination mehr gibt. Wer legt wie die Budgets fest und wer kontrolliert wen wie? Wenn die im Bund zuständige Abteilung, kontrolliert von Partei A, eine Autobahn baut, baut die im Land zuständige Abteilung, kontrolliert von Partei B, keine Auffahrt weil sie das für ökologischen Unsinn hält (sowas ähnliches passiert ja schon bei gleichen Parteien - siehe Wien/A23/Abfahrt Simmering). Oder: Abteilung A baut eine Straße zu einem Haus, Abteilung B will aber keinen Kanal dorthin bauen, weil der anderen Partei das ökologisch nicht ins Konzept passt (oder die Sache als politisches Faustpfand verwendet wird). Wie willst du solche Probleme lösen? Nur zwei Parteien haben es geschafft, nahezu das ganze Land unter sich aufzuzeilen. Das muss man sich jetzt mit 4-5 Parteien vorstellen, weil ja jede ihren Wantok füttern muss.

Meine Meinung dazu: Wenn man ein Maximum an Steuergeldverschwendung, gekoppelt mit einem Maximum an Verantwortungslosigkeit haben will, dann tritt man für sowas ein.
 

Hier steht, wohin das Proporzsystem in Österreich geführt hat:

3.3 Austriaca (II) – Proporzdemokratie und Elitenkartelle

Proporz als politisches Entscheidungsprinzip bedeutet, dass alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte an der politischen Willensbildung des Staates paritätisch oder gemäß ihrer relativen Bedeutung beteiligt sind (Naßmacher 2004, 113). Abseits des Mehrheitsprinzips werden konsensuelle Entscheidungen auf dem Verhandlungsweg gesucht. Politische Systemstabilität ist somit insofern garantiert als cleavages entlang soziokultureller Linien verunmöglicht werden. Das Prinzip gegenseitiger Machtaufteilung sollte konflikthemmend auf die Beziehungen zwischen dem sozialistisch-laizistisch-städtischen und dem konservativ-katholisch-ländlichen Lager in Österreich wirken. Im Bürgerkrieg von 1934 waren die Auseinandersetzungen zwischen diesen Gruppierungen eskaliert. Die Zweite Republik beschloss man, gemeinsam und unter jeweiliger Kontrolle des anderen politischen Lagers aufzubauen. Eine Folge des Proporzes war die massenweise Durchdringung von staatlichen und halbstaatlichen Institutionen mit Vertrauenspersonen der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP.
 

Mit mehr Parteien wird das sicher nicht besser. Oder, als Frage formuliert: Wie sollte das besser werden? Welche Mechanismen würden dem entgegenstehen? Im Antrag sind keine formuliert. Bitte wenigstens das hier lesen, wenn sowas wirklich gefordert werden sollte (und das ist keineswegs ein Anti-Proporz Papier):

Proporz- oder Mehrheitsregierungen in den Ländern auf dem Prüfstand

Im Grunde ist es ja so, dass solche Vorschläge die politische Freiheit einschränken. Wenn Parteien nicht zusammenarbeiten wollen, ist so ein Modell eines der ärgsten Bremsklötze die man sich vorstellen kann. Die handelnden Personen arbeiten dann nämlich alle gegeneinander. Und wenn aber ein Konsens zur Zusammenarbeit da ist, dann passiert die sowieso. Das haben die Salzburger nach Abschaffung des Proporzes eingeführt:
 

In diesem Sinne wurde in Salzburg begleitend zur Abschaffung des Regierungsproporzes folgendes eingeführt:

  • Ergänzung des Anfragerechtes durch das Recht der Akteneinsicht für alle Landtagsparteien;
  • Recht eines Viertels der Abgeordneten, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu verlangen;
  • Recht eines Drittels der Abgeordneten, die Vornahme einer besonderen Gebarungsprüfung durch den Rechnungshof zu verlangen;
  • Recht eines Drittels der Abgeordneten, die Durchführung einer Volksbefragung zu verlangen;
  • Staatsverträge oder Vereinbarungen, die der Genehmigung des Landtages bedürfen, sind ihm bereits als Entwürfe vor der Beschlußfassung der Landesregierung vorab zur Kenntnis zu bringen.

Erst seit Abschaffung des Proporzes eingeführt? Sind das nicht grundlegende Rechte? Vorher hat man sich das alles ausgemauschelt. Ich gebe hier nur ein Stichwort: Salzburger Finanzskandal. Rot und Schwarz war da gleichermaßen verwickelt - denn unter Schwarz wurde die Spekuliererei begonnen und unter Rot munter weitergeführt.

Das interessante am Vorschlag ist demnach nicht das, was dasteht, sondern das, was nicht dasteht.

Anyway, das Liquid ist eigentlich nicht zum diskutieren da, sondern dafür hätten wir eigentlich das Forum. Aber ist eh schon Wurst...


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